Lebenspunkte von Beviye Karadeniz

Häufig wurden wir in den letzten Tagen nach einem Lebenslauf unserer Mutter gefragt. Vieles wussten wir schon, einiges war aber auch uns neu. Wir haben die bemerkenswerte Geschichte einmal zusammengefasst:

Geboren am 6. Juni 1948 unter dem Namen “Yildiz” (übersetzt: Stern) in Sürmene an der Schwarzmeerküste. Sie ist die älteste Tochter von drei Geschwistern.

In ihrer Kindheit Umzug innerhalb der Türkei in die anatolische Stadt Erzurum. Nach einigen Jahren kehrte die Familie wieder zurück nach Sürmene. Vater und Mutter ziehen Mitte der 1960er als Gastarbeiter der ersten Generation nach Deutschland und arbeiten in einem Gartenbaubetrieb in Helmstedt; die drei Geschwister bleiben zunächst bei den Großeltern in der Türkei.

1966 zieht die gerade erwachsen gewordene Beviye mit ihrem Bruder nach Deutschland. Zunächst arbeitet sie auch im Gartenbaubetrieb in Helmstedt.

Kurz darauf Umzug nach Siegen in Westfalen, da ihr Vater und unser Großvater dort eine Anstellung bei einem Stahlhersteller beginnt. Beginn einer Tätigkeit ab Dezember 1966 in einem Betrieb für Herstellung von Schutzetuis in der Lagerhaltung und Versandleitung. Zitat Zeugnis: “Sie zeigte sich sehr geschickt, war lernbegierig, gewissenhaft und fleißig”.

1968 – keine zwei Jahre nach der Anstellung – übernimmt sie die Versandleitung mit 6 Packerinnen und Azubis. Zitat Zeugnis: “Das war auch deshalb möglich, weil Fräulein Yildiz ihre Deutschkenntnisse im Laufe der Zeit so verbesserte, dass sie die Sprache fließend beherrschte. In diesem Zusammenhang ist erwähnenswert, dass sie auch als Dolmetscherin für ihre in unserer Fabrikation arbeitenden Landsleute (durchschnittlich 10 bis 12 Personen) fungierte. Sie regelte dabei die auftretenden Fragen und Schwierigkeiten in einwandfreier und gütlicher Weise, so dass es in dem Verhältnis zwischen uns und unseren türkischen Mitarbeitern nie zu Problemen kam.“

Heirat im April 1971 im türkischen Generalkonsulat Stuttgart mit Erkan Karadeniz. Gegenseitig bekannt aus der Kindheit in Sürmene. Auch er kam Mitte der 1960er Jahre als Gastarbeiter nach Deutschland, war zunächst in Köln bei einem Autohersteller tätig und zog dann für eine uhrmacherische Tätigkeit nach Pforzheim tätig.

1971 dann der Umzug nach Pforzheim, zunächst in die Dammstraße und Anstellungen bei verschiedenen Unternehmen in Pforzheim. Nach drei Jahren Umzug in die Holzgartenstraße, dort bis 2007.

1975 Geburt des ältesten Sohnes Besim, 1980 der Tochter Betül. Ab 1975 ausschließlich im Haus für die Kinder tätig. Häufiger Einsatz als Ausflugsbetreuung und Übernahme diverser Elternsprecherschaften. Ab den 1990ern war sie wieder halbtags beruflich tätig, langjährig als Laborassistentin bei einem umweltanalytischen Betrieb in Pforzheim.

Ab den 1980ern ehrenamtliche Tätigkeiten, unter anderem – trotz ganz anderer Konfession – bei der Erstellung der Gemeindebriefe der Stadtkirchengemeinde Pforzheim, vielen Dolmetschereinsätzen für türkische Mitbürger. Später in den 2000er Jahren mit viel Freude lange Mitarbeit im Amateurtheaterverein im Kulturhaus Osterfeld in der Kostümschneiderei für viele Theaterprojekte. Dortig Anleitung vieler junger Menschen in Sachen Handarbeit.

2007 Umzug in ein kleines Häuschen in der Herschelstraße, Erfüllung eines kleinen Lebenstraums mit Haus und Garten.